Lobpreisteams sind eine musikalische Form, die den meisten zeitgenössischen christlichen Liedern gerecht wird. Ältere Songs müssen aufgepeppt werden und viele akustische Instrumente spielen in Gottesdiensten eine untergeordnete Rolle.
Seit den 1950ern ist diese Entwicklung denominationsübergreifend auf dem Vormarsch. Kirchengeschichtlich gesehen ist das Lobpreisteam also ein recht neues, aber auch ein einzigartiges Phänomen.
Neu ist jedoch nicht gleich schlecht, denn auch die Kirchenorgel, der 4-stimmige Chor oder das Klavier waren zu ihrer Zeit neu, und oft nicht minder umstritten wie E-Gitarre und Schlagzeug.
Aber um diese Diskussion soll es mir hier nicht gehen. Denn wenn uns die Geschichte eines gelehrt hat, dann dass die Formen kommen und gehen.
Lobt ihr Gott heute noch mit „Harfen und Zithern“ (Psalm 150,3)? Jede Form hatte ihre Zeit und ihre Berechtigung, solange sie dem eigentlichen Ziel, der grundlegenden Mission, diente.
Die Mission
Ich möchte über eine Entwicklung sprechen, die ohne bewusstes Gegensteuern unausweichlich ist. Man bezeichnet sie als „Mission Drift“.
Mission Drift bedeutet, dass eine Gruppe oder Organisation mit der Zeit ihre ursprüngliche Zielsetzung aus den Augen verliert. So können z.B. Veränderungen im Team, neue Erwartungen und externe Entwicklungen dazu führen, dass die Mission abdriftet.
Im Lobpreis geschieht dies auch. Die Zielsetzungen eines Lobpreisteams können sich mit der Zeit verändern. Ein wichtiges Ziel scheint dabei besonders gefährdet zu sein: Lobpreisleitung.
Möglich, dass du mir jetzt völlige Verwirrtheit unterstellst und mich fragst, „ist Lobpreisleitung nicht die Daseinsberechtigung für Lobpreisteams?“ Und natürlich stimme ich dir vollkommen zu.
Der Drift
Genau darin liegt die Gefahr. Wozu ist ein Lobpreisteam gut, wenn es keinen Lobpreis leitet? Und dennoch lässt sich genau das leider beobachten:
- Lobpreis machen statt Lobpreis leiten.
- Lieder spielen statt Menschen dienen.
- Teams musizieren über die Gemeinde hinweg, statt in die Herzen hinein.
Der Mission Drift setzt ein,
- wenn es nicht mehr in erster Linie darum geht, die Gemeinschaft der Gemeinde, also das Eins werden vor Gott, sichtbar zu machen. Die eigene Performance wird zum Maßstab für guten Lobpreis.
- wenn bei der Liederauswahl nicht mehr alle Generationen der Gemeinde im Blick behalten werden, sondern nur die Lieder, die man als Band musikalisch authentisch rüberbringen kann.
- wenn die Performance im Gottesdienst so produziert ist, dass es für die Gottesdienstbesucher keinen Unterschied macht, ob sie nun mitsingen, oder nicht. Gehört wird sowieso nur die Band.
- wenn der Dienst im Lobpreisteam rein musikalisch bewertet wird. Es hat nur noch wenig mit Jüngerschaft und geistlichem Wachstum zu tun.
Immer wieder sehen wir in der Kirchengeschichte, wie den Versammelten die Verantwortung für die aktive Teilnahme im Gottesdienst entzogen wird, um sie auf einige Wenige zu beschränken.
Oft gab es dafür nachvollziehbare Gründe. Wenn der Fokus im Lobpreis auf einige wenige geht, dann gewinnen wir auf zwei Ebenen: Kontrolle und Qualität.
Je mehr man am Sonntag von der Gemeinde abhängig macht, umso weniger hat man das Ergebnis unter Kontrolle. Das kann schon anstrengend sein für Musiker, die einen gewissen Anspruch an ihre Performance haben.
Der Live-Stream unserer Gottesdienste zwang viele von uns zu einer ehrlichen Betrachtung der Qualität unserer musikalischen Fähigkeiten. Im Stream hilft der Raum nicht mit. Gnadenlos und unverzeihlich werden jede falsche Note, jedes falsche Wort und jeder falsche Akkord selbst für Laien hörbar. Das kann schon demütigend sein.
Wie groß schätzt in dieser Situation also die Gefahr für einen Mission Drift ein? Natürlich muss die Qualität stimmen. Wir sollten die Leute vor den Geräten bestimmt nicht ärgern oder erschrecken. Doch darf es trotzdem nicht in erster Linie um den guten Ton gehen.
Das Ziel ist
nicht, gute Musik zu machen. Das Ziel ist, gute Anbeter zu haben, die gute Musik machen.
Das Ziel ist nicht, dass es gut klingt, sondern dass die Gemeinde singt.
Das eigentliche Lobpreisteam in der Gemeinde ist die Gemeinde. Der wichtigste Chor ist die Versammlung.
Wenn wir die geistlichen Ziele für den Lobpreis aus den Augen verlieren, dann stehen wir bald vor den Scherben eines Musikdienstes, der vergessen hat, dass er zuerst ein „Dienst“ ist.
Das habe ich leider an manchen Beispielen beobachten müssen.
Und wie sieht es mit Chor und Orchester aus? Sind sie fein raus? Alle Dirigenten unter uns haben, wenn sie ehrlich sind, mit der gleichen Gefahr zu kämpfen.
Wozu gibt es eigentlich den Chor? Irgendwie ist diese Frage heutzutage von manchen nur noch schwer zu beantworten. Wenn du weißt, warum es dein Ensemble gibt, dann bleib dran, dass ihr das Ziel nicht aus den Augen verliert.
Wenn dir nicht bewusst ist, warum du und deine Gruppe in der Gemeinde musizieren, dann hat das zumindest eine positive Auswirkung. Ihr steht nicht in der Gefahr vom „Mission Drift“. Wo nichts ist, kann auch nichts driften….
Dieser Artikel ist mein Plädoyer dafür die Ziele Gottes für die Musik in der Gemeinde bewusst durch den eigenen Dienst umzusetzen und darauf zu wachen, dass diese Ziele auch im Fokus bleiben.
Jetzt bist du dran. Wie reagierst du auf diesen Anspruch?