Denn sie wissen nicht, was sie singen?

Posted in

ein Beitrag von:

Ein Jahr geht zu Ende. Wir haben so viel gesungen, wie es uns möglich war. Der Dienst wollte so treu und fröhlich wie möglich durchgeführt worden sein. Haben wir unsere Ziele erreicht? Ist passiert, was wir uns vorgenommen haben? Was lerne ich für das kommende Jahr? Diese Fragen stellen sich mir jedenfalls in Zeiten wie…

Orientierung

Ich beginne damit, mich auf die Ziele und Werte für unseren Musikdienst zu besinnen. Schließlich ergeben sich daraus die Fragen, die ich mit dem Liederbericht zu beantworten versuche.

Manchmal habe ich noch Anfragen oder Kommentare von Gemeindemitgliedern im Ohr über die Liederauswahl und Vielfalt in unseren Gottesdiensten. So manchen Vorwurf der Einseitigkeit habe ich durch einen gründlichen Bericht schon entschärfen können.

Liederbericht

Beim jährlichen Liederbericht für unsere Gemeinde habe ich diese Struktur entwickelt.

1. Einleitung

An den Beginn des Berichts stelle ich die biblische Grundlage für den Gemeindegesang. Hier kannst du formulieren, auf welchem biblischen Verständnis der Lobpreis in eurer Gemeinde beruht.

Unsere Grundlage beruht auf Kolosser 3,16

Lasst das Wort Christi reichlich unter euch wohnen: lehrt und ermahnt einander in aller Weisheit mit Psalmen, Lobgesängen und geistlichen Liedern; singt Gott, dankbar in euren Herzen.“

Unser gemeinsames Lied soll

  1. Das Evangelium verkünden
  2. Die Gemeinde lehren
  3. Die Gläubigen ermutigen
  4. Die Gemeinschaft fördern
  5. Unseren Gott loben

Daraus formuliere ich in kurzen Sätzen konkrete Ziele, wie diese theologischen Grundsätze in der Gemeinde sichtbar und hörbar werden sollen.

Diese Ziele werden nicht nur durch die Liederauswahl erreicht. Persönliches Vorbild, Lehre von der Kanzel, Impulse im Lobpreis, Orientierung der Leiter, Prägen der nächsten Generation, bewusstes Zusammenarbeiten in der Gottesdienstplanung, usw. tragen Wichtiges dazu bei.

Doch die Lieder sind schließlich der Kern des Dienstes, daher beschränke ich den Bericht auf die gesungenen Lieder der Gemeinde.

2. Übersicht über das vergangene Jahr

Zunächst muss ich so viel Informationen über die Lieder des letzten Jahres sammeln, wie ich nur kann. Wir nutzen ein Online Planungstool, dass mir schon sehr ergiebige Daten in Tabellenform gibt.

Manche Beamer-Programme haben ähnliche Funktionen. Andere haben vielleicht eine händisch gepflegte Datenbank. Ich sammle zunächst lediglich den Titel, das Planungsdatum und die Häufigkeit des Liedes ein.

Die wichtigste Zahl für mich ist zunächst die Gesamtzahl der unterschiedlichen Lieder, die im vergangenen Jahr gesungen wurden. Bei uns sind es zwischen 130 und 160 Titel.

Andere interessante Fakten wären

  • Das älteste und das neueste Lied im Repertoire
  • Die zeitliche Verteilung der gesungenen nach Entstehungsdatum
  • Die größten Quellen oder Autoren/Herkunftsorte der Lieder
  • usw.

Neue Lieder

In diesem Abschnitt betrachte ich ausschließlich die Lieder, die unsere Gemeinde im letzten Jahr gelernt hat. Ich nehme mir Zeit, einen kurzen Absatz zum Hintergrund und Inhalt von jedem Lied zu verfassen.

Auf diese Weise kann ich aufzeigen, wie dieses Lied unsere Gemeinde und unseren Lobpreis ergänzt. An dieser Stelle weise ich manchmal auf die theologischen Gründe für den Gesang hin und mache entsprechende Verbindungen.

Manchmal versanden neue Lieder auch und werden nur einmal gesungen. Auch darauf kann an dieser Stelle eingegangen werden.

Beliebteste Lieder

Dieser Abschnitt ist für mich der spannendste von allen. Ja, wir singen recht viele unterschiedlichen Lieder, doch nur etwa 25 % dieser Lieder haben unsere Gemeinde verstärkt geprägt.

Ich bezeichne jedes Lied als „beliebtes Lied“, wenn es mindestens 3 Mal im Jahr gesungen wurde. Du kannst diese Zahl nach örtlichen Gegebenheiten auch anpassen.

Ich erstelle dann eine Tabelle, die diese beliebten Lieder nach Häufigkeit sortiert aufzählt. Dazu füge ich oft das Entstehungsjahr, die Herkunft und das Thema des Liedes hinzu.

Sind es recht viele Lieder, mache ich manchmal noch eine Untergruppe von meistgesungenen Liedern, die mehr als 5 Mal vorkamen. Mit dieser Gruppe beginne ich dann eine tiefere Analyse:

Alter der beliebten Lieder

Ein Balkendiagramm zeigt die Anzahl der Lieder nach Entstehungsdatum an. Folgende Zeiträume haben sich für mich bewährt:

  • 18. Jhd.
  • 19. Jhd.
  • 1900 – 1960
  • 1960 – 1980
  • 1980 – 1990
  • 1990 – 2000
  • 2000 – 2010
  • 2010 – Heute

An dieser Statistik lässt sich viel erkennen und ableiten. In der Regel mache ich ein paar eigene Beobachtungen, z. B. „Gut die Hälfte unserer beliebten Lieder wurden nach 2000 verfasst, doch auf fünf der Lieder stammen aus der Zeit vor dem ersten Weltkrieg.“

Themen der beliebten Lieder

Um den biblischen Anspruch „den ganzen Ratschluss Gottes“ (Apg 20,27) zu verkünden zu prüfen, lohnt sich ein prüfender Blick auf die Themen und Inhalte der Lieder. Ich teile die Liste dabei in der Regel in 3 bis 5 Kategorien ein:

  1. Nachfolge & Ermutigung
  2. Evangelium & Zeugnis
  3. Lob & Anbetung
  4. Lehre über Gott
  5. Zuversicht & Verheißung

Inhaltlich können noch weitere Aspekte untersucht werden:

  • Wer wird in den Liedern angesprochen? – also, sind es Lieder über Gott, oder wird Gott direkt angesprochen
  • Über wen singen wir in den Liedern? – also, welche Namen Gottes kommen vor (Jesus, Vater, Dreieinheit, Geist, Gott/Herr/König, keinen …)

Diese Ergebnisse sollten auf alle Fälle kommentiert und erklärt werden. Vielleicht lässt sich hier auch bereits die eine oder andere Lücke erkennen, die man mutig eingestehen kann.

In einem Jahr hatten wir beispielsweise drei Lieder in unter den Lieblingsliedern, die keinen Gottesnamen explizit erwähnten („Mittelpunkt“, „Dir gebührt die Ehre“, „Du begeisterst mich“). Das war bis zu dem Zeitpunkt noch keinem in unserer Gemeinde aufgefallen.

Fazit

Zuletzt fasse ich wichtige Erkenntnisse aus dem Bericht zusammen und gehe auf Besonderheiten ein. Ein Ausblick und Ziele für das kommende Jahr dürfen an dieser Stelle auch nicht fehlen.

Nachbereitung

Ich habe jetzt einen schönen ausgearbeiteten Bericht, der in der Regel 6 – 10 Seiten umfasst. Doch Papier ist geduldig, und ohne eine gezielte Verbreitung und Diskussion bleibt die Arbeit oft wirkungslos liegen.

Der erste Schritt, nach dem ich fertig bin, ist es, den Bericht an die Teamleiter der Lobpreisteams zu schicken. Manchmal besprechen wir ihn danach in der Gruppe, oder ich suche das Einzelgespräch.

Mit gewonnen Erkenntnissen bereite ich dann eine Präsentation vor, die ich in der Gemeinde vortrage. Zudem biete ich jedem an, der das Interesse hat, eine ausgedruckte oder elektronische Version des Berichts zu erhalten.

Wenn man schon mehrere Berichte verfasst hat, ist es sehr hilfreich und aufschlussreich, die Ergebnisse der Lieder Berichte miteinander zu vergleichen.

Ich kann es nicht in Worte fassen, wie oft mich so ein Bericht am Ende ermutigt hat. Ich konnte sehen, dass Ziele erreicht worden sind, dass die Gemeinde die richtige Richtung unterwegs ist, und dass die theologische Grundlage schon so stark zur Kultur geworden ist, dass die generelle Richtung in der Gemeinde stabil bleibt und stimmt.

Meine Anregung für dich ist, dir selbst zu überlegen, welche Art von Bericht und zusammenfassende Analyse am Ende deines Dienstjahres für deine Gemeinde und für dich hilfreich wäre. Vielleicht teilst du deine Ideen auch mit mir und anderen, dass wir gemeinsam weiterkommen.

 

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

  1. Comments

    Avatar von Boris Matis
    Boris Matis

    Hallo Johannes,
    Vielen Dank dir für den Einblick in deinen Dienst. Du warst mir dieses Jahr oft ein Ermutiger;-)
    Welches Tool nutzt du zur Auswertung?
    LG
    Boris


    1. Comments

      Avatar von Dr. Johannes Schröder
      Dr. Johannes Schröder

      Hallo lieber Boris. Ich freue mich, dass du Teil der Wort-und-Lobpreis „Community“ bist. Deine Worte sind für mich eine echte Ermutigung. Zur Auswertung benutze ich eigentlich kein Tool. Wir als Gemeinde nutzen Planningcenter Online für unsere Gottesdienstplanung. Da ist eine Report-Funktion eingebaut, die mir viele Infos über die geplanten Lieder schon zusammenfasst. Den Rest mache ich nach eigenem „Schnabel“ sozusagen.


Ein Jahr geht zu Ende. Wir haben so viel gesungen, wie es uns möglich war. Der Dienst wollte so treu und fröhlich wie möglich durchgeführt worden sein. Haben wir unsere Ziele erreicht? Ist passiert, was wir uns vorgenommen haben? Was lerne ich für das kommende Jahr? Diese Fragen stellen sich mir jedenfalls in Zeiten wie…