Gedanken zum Konflikt
Zunächst einmal möchte ich davon ausgehen, dass jeder, der sich mit Liedern und Liedauswahl in der Gemeinde beschäftigt, von geistlichen Zielen motiviert ist. Der eine möchte zentrale Elemente bewahren, die andere der Gegenwart entsprechende Ausdrucksformen finden.
Beides ist wichtig und notwendig. Und doch scheinen sich diese Positionen aus der jeweiligen Sichtweise gegenseitig auszuschließen. Allerdings werden wir in dieser Auseinandersetzung Zeugen von einigen Denkfehlern:
Erster Denkfehler – Alt gegen Neu
Manche sagen: „Alte Lieder bewahren den Glauben.“ Aber ist das wirklich so?
Stimmt es nicht vielmehr, dass die Wahrheit des Evangeliums und des Wortes Gottes in der Kraft des Geistes den Glauben der Christen bewahrt?
Vom Wert des Alten
Sicherlich haben sich von den tausenden von Liedern der vergangenen Jahrhunderte vornehmlich die erhalten, die eindrücklich Gottes Wahrheit verkündeten.
Gott hat sich zu ihnen bekannt und ihnen einen Dienst über ihre Region und ihre Entstehungszeit hinaus gegeben.
Von der Ablehnung des Neuen
Wer die neuen Lieder unserer Zeit pauschal als engführend, einseitig und aussageschwach abtut, ignoriert die Geschichte. Die „alten bewährten“ Lieder standen einst neben vielen anderen Liedern in den Gesangbüchern, die wir heute aus guten Gründen vergessen haben.
Natürlich wird man in der aktuellen Musikliteratur immer Beispiele für seine ablehnenden Argumente finden. Doch diese Beispiele finden wir in den alten Liederbüchern auch.
Ich muss es so klar sagen: Wer meint, dass in der heutigen Zeit keine wertvollen Lieder mehr entstehen, der sagt damit auch, dass der Geist aufgehört hat, in die Münder der Liederschreiber seiner Gemeinde „ein neues Lied“ zu legen.
Von der Einordnung des Neuen
Neue Lieder entstehen da, wo der Geist Gottes wirkt. Aber nicht nur da. Und genau darin liegt ja die große Aufgabe jeder Generation.
Wir müssen aus dem großen Angebot an Material die Lieder herausfiltern, die für unsere Zeit und unsere Gemeinde Wahrheit verkünden und bewahren. Diese reihen wir dann ein in den Kanon der historisch bewährten Lieder.
Denn Lieder, zu denen Gott sich bekennen möchte, entstehen jedes Jahr. Es geht weniger darum, das Alte zu bewahren, als das Wahre zu bewahren – im Alten sowie im Neuen.
Zweiter Denkfehler – Wenige Worte bedeuten flacher Inhalt.
Wichtige Aussagen brauchen oft nicht viele Worte.
Der zweifelnde Vater rief zu Jesus, „Ich glaube, hilf meinem Unglauben“.
Der Zöllner im Tempel sagte nur, „sei mir Sünder gnädig“.
Spafford brauchte für sein Lied Wenn Friede mit Gott nur sechs Worte für den Refrain: „Mir ist wohl in dem Herrn“.
Wortreiche Lieder
Es gibt Lieder mit vielen wichtigen Worten, die uns Wahrheit erläutern, verdeutlichen, wiederholen, erklären und anwenden lassen.
Das Lied des Moses nach dem Durchzug des Roten Meeres ist ein vortreffliches Beispiel dafür.
Wortarme Lieder
Aber es gibt auch Lieder mit wenigen Worten, die zu unserem Gebet werden können, die einen einzigen Gedanken vertiefen und die uns diese eine Wahrheit im Gesang erleben lassen.
Nach dem oben erwähnten Durchzug des Volkes Israel entstand auch ein recht wortarmes Lied, den Lobgesang Miriams, das aber nicht weniger wertvoll, wichtig und wahr ist.
Reich gegen Arm
Es geht weniger darum wortreiche oder wortarme Lieder gegeneinander auszuspielen, sondern zu verstehen, welchen Platz jede Art in unserer Gemeinde hat.
Wortreiche Lieder führen uns ins Stauen über Gott, in tiefere Erkenntnis und in einen bewussteren Lobpreis. Sie lassen „das Wort des Christus reichlich unter uns wohnen“ (Kolosser 3,16)
Wortarme Lieder lassen uns bewusst und fröhlich Antwort geben auf die Erkenntnis Gottes. Wir feiern, fühlen, freuen und verändern uns in der Gegenwart Gottes und der Gemeinschaft unserer Geschwister. Wir werden durch die Lieder vom Geist erfüllt (Epheser 5,18-19).
Was ist „Neu“?
In Psalm 96,1 steht, „Singet dem HERRN ein neues Lied.“ Nun kann dieses Lied, das wir singen, deshalb neu sein, weil wir es aus einer frischen Begegnung mit Gott, einer erneuten Hingabe, oder einer neuen Erkenntnis Gottes singen.
Wir dürfen diesen Vers aber auch wortwörtlich nehmen und ganz neue Lieder singen. In der Tat sind für manche junge Leute die alten Lieder die Neuen… sie kennen sie gar nicht mehr.
Vielleicht sind „Bekannt und Unbekannt“ viel bessere Kategorien als „Alt und Neu“.
Prüfen wir also, ob alte Lieder die Wahrheit immer noch in der Tiefe kommunizieren, wie wir es von ihnen erwarten. Erkennen wir die unterschiedlichen Aufgaben von wortreichen und wortarmen Liedern,
Bleiben wir in der musikalischen Entwicklung auf dem Laufenden. Und wenn wir wachsam sind, dann stolpern wir vielleicht über das eine oder andere Juwel.
Schreibe einen Kommentar