Theologie und Anbetung

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Wenn wir uns mit der Bibel auseinandersetzen, sei es in der Bibelschule, auf dem Seminar, in Bibelbetrachtungen oder auch im persönlichen Bibelstudium, dann ist es wichtig eine Anbetungsperspektive beizubehalten. Viel zu schnell geschieht es (besonders an Bibelschulen und auf Seminaren – hier ist es schon fast eine Berufskrankheit), dass wir so von den biblischen Fakten,…

Theologie ist ein Mittel zum Zweck.

Um es schlicht auszudrücken, wir müssen den Kreis von Offenbarung und Antwort schließen. Theologie ist ein Mittel zum Zweck, und der Zweck ist das Lob und die Anbetung Gottes.

J. I. Packer drückte es so aus:

„Der Zweck der Theologie ist Doxologie – wir lernen um zu preisen.“

Und weiter:

Wir sollten jede Wahrheit die wir über Gott erfahren als Anlass zur Meditation vor Gott wahrnehmen, die uns ins Gebet und ins Lob Gottes führt“ (Knowing God, 23).

Auch andere haben sich zu diesem Thema geäußert:

Theologie ist die Dienerin der Anbetung, die die primäre Aktivität der Gemeinde ergänzt“ (Geoffrey Wainwright, „The Praise of God in the Theological Reflection of the Church,“ Interpretation 39 (1985), 35).

Die Anbetung muss jedoch dem Studium hinzugefügt werden um die Erneuerung unseres Geistes durch die willige Aufnahme der Person, die unseres Lobes würdig ist, zu vervollständigen. Lernen ohne Anbetung ist zudem gefährlich, und das Volk Gottes leidet kontinuierlich unter den Auswirkungen davon, besonders in akademischen Kreisen. Der Umgang mit den Dingen Gottes ohne Anbetung wird diese immer verfälschen.“ (Dallas Willard, The Divine Conspiracy, 362-63).

Auf der anderen Seite sollte Theologie niemals ohne Doxologie bleiben. Ein rein akademisches Interesse an Gott ist grundsätzlich verkehrt. Gott ist kein geeignetes Objekt für kühle, kritische und distanzierte wissenschaftliche Untersuchungen und Analysen. Nein, die wahre Erkenntnis Gottes wird uns immer in die Anbetung führen, wie sie es bei Paulus getan hat.

Wir müssen auf unserem Angesicht in Ehrerbietung vor ihm liegen… Ich glaube Bischof Handley Mouls sagte am Ende des letzten Jahrhunderts, wir müssen uns ‚gleichermaßen hüten vor einer geistlosen Theologie sowie vor eine nicht-theologischen Geistlichkeit.’“ (John Stott, Romans: God’s Good News fort he World, 311- 12).

Theologie bleibt ohne Anbetung verzerrt. In meinem ersten Semester am Seminar wurde mir das wieder bewusst als wir die Aufgabe hatten eine umfangreiche Einführung in das Alte Testament zu lesen. Es war ein massives wissenschaftliches Werk, das außerordentlich sorgfältig ausgearbeitet und gründlich erforscht und kommentiert war. Doch es war von einem liberalen Wissenschaftler verfasst worden, der keine Liebe für Gott oder die Themen, über die er schrieb, empfunden zu haben schien. Wie tragisch!

Während meiner Studienzeit arbeitete ich in der Chorabteilung eines großen Musikgeschäfts. Der Leiter der Abteilung war ein anerkannter Experte auf dem Gebiet der geistlichen Chormusik; doch er war ein weltlicher und unmoralischer Mann, dessen Herz offensichtlich nicht von den Inhalten seines Fachgebiets berührt worden war. Wie traurig!

Reformatorische Überreaktion

In der Reformation sehen wir eine starke und notwendige Reaktion auf die mittelalterliche Anbetung, wo die Predigt praktisch schon fast gänzlich einer Messe gewichen war, die in einer Sprache (Latein) gehalten wurde, die die Menschen nicht mehr verstanden.

Die Folge dieser reformatorischen Reaktion, eine große Betonung der Bibel (in der Muttersprache), der Glaubenslehre und der Predigt, ließ manchmal das Pendel zu weit in die andere Richtung schwingen, was dazu führte, dass in manchen protestantischen Traditionen die Anbetung heute als weniger wichtig angesehen wird.

Seit A.W. Tozer vor 50 die Anbetung bekannter Weise als „das fehlende Juwel in der Evangelikalen Gemeinde“ bezeichnet hatte, wurde dieser Missstand inzwischen glücklicherweise immer wieder angesprochen und zum Teil korrigiert. Im Jahre 1984 schrieb Geoffrey Wainwright:

„Die protestantische Praxis der Doktrin muss eine ausdrückliche doxologische Dimension zurückgewinnen“ (Doxology: The Praise of God in Worship, Doctrine and Life, 219).

Holistische Gottesdienste

Die Predigt sollte nicht der „Anbetung“ gegenübergestellt werden, denn sie ist tatsächlich Teil der Anbetung, und ihr Ziel ist die Anbetung.

In unseren Gottesdiensten sollten wir nicht die Predigt ins Zentrum rücken, sondern das Wort in all seinen Ausdrucksformen (Predigt, Lesung, Gesang, Gebet), und die Antwort der Leute in Lobpreis, Bekenntnis, Hingabe, usw.

Jesus selbst betonte diese holistische Perspektive auf den Gottesdienst, indem er zusagte in beidem gegenwärtig zu sein, in der Verkündigung und im Lobpreis in der Versammlung. Er würde als Erfüllung und Vermittler der Offenbarung und der Antwort wirksam zu sein:

„Kundtun will ich deinen Namen meinen Brüdern; inmitten der Gemeinde will ich dir lobsingen.“ Hebräer 2,12

Holistisches Studium

In all unserem öffentlichen oder persönlichen Studieren und Theologisieren sollten wir mit großer Sorgfalt darauf achten, „den Kreis zu schließen,“ und das, was wir über Gott gelernt haben, uns zum Lob Gottes leiten lassen. Wie John Stott schon sagte: „Keine Theologie ohne Doxologie.“

Dieser Artikel erschien ursprünglich auf wornotes.wordpress.com Volume 11, Nr. 9 (September 2016), und wurde mit Genehmigung des Autors in Auszügen ins Deutsche übertragen.

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Wenn wir uns mit der Bibel auseinandersetzen, sei es in der Bibelschule, auf dem Seminar, in Bibelbetrachtungen oder auch im persönlichen Bibelstudium, dann ist es wichtig eine Anbetungsperspektive beizubehalten. Viel zu schnell geschieht es (besonders an Bibelschulen und auf Seminaren – hier ist es schon fast eine Berufskrankheit), dass wir so von den biblischen Fakten,…