Ihm sei die Ehre in Ewigkeit

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Theologen lieben Paulus. Ist dir das schon aufgefallen? Die brillant formulierten Wahrheiten, die Tiefen der Erkenntnis, die wunderbaren Zusammenhänge – das ist der Stoff, aus dem theologische Träume gemacht sind. Doch Lobpreisleiter sollten Paulus genauso liebgewinnen. Nicht nur, dass die gründlichste NT Musiktheologie von ihm formuliert wurde, er selbst ist ein „Lobpreiser“ vor dem Herrn.…

Ihm sei die Ehre in Ewigkeit

Paulus ist bekannt als der Theologe des Neuen Testaments. Sein umfassendstes Werk ist der Brief an die Römer. Generell wird dieser Brief in zwei Teile aufgeteilt:

  1. Die Theologie des Evangeliums (Kapitel 1-11)
  2. Die praktischen Anwendungen (Kapitel 12-16)

Doch genau im Übergang zwischen diesen Teilen geschieht etwas, das Paulus häufiger passiert, nachdem er „dichte“ Theologie formuliert hat. Er bricht in Lobpreis aus, einen Lobpreis, der aus der Theologie hervorquillt.

THEOLOGIE

Im Römerbrief beschreibt Paulus die Auswirkungen des Sündenfalls (1,18-32). Er malt uns die Schwärze der Sünde, die das Menschengeschlecht verschlungen hat (3,9-18.23) auf.

Vor diesem dunklen Hintergrund erstrahlt das Evangelium umso heller. In den folgenden Kapiteln zeigt er, dass das Evangelium in der Tat „die Kraft Gottes zum Heil für jeden, der glaubt“ (1,16) ist.

Durch das Evangelium hat Gott die Gläubigen überschüttet:

  • die Gerechtigkeit Gottes durch den Glauben an Jesus Christus (3,22; 5,19)
  • Rechtfertigung durch seine Gnade als Geschenk (3:24,26; 4:5; 5:1)
  • Erlösung (3,24)
  • Versöhnung (3,25)
  • Frieden mit Gott (5,1)
  • Gnade (5,2; 5,15)
  • Versöhnung (5,11)
  • Errettung als freies Geschenk (5:17; 6:23)
  • Leben (5:18)
  • ewiges Leben (5,21)
  • Neues Leben (6:4)
  • Auferstehungsleben (6,5)
  • Befreiung von der Verdammnis (8,1)
  • Leben im Geist (8,1-11)
  • Adoption (8,15)
  • Barmherzigkeit (11:30)

In den Kapiteln 9-11 erläutert Paulus dann das Geheimnis der Absichten Gottes für Israel und die Heiden. Wir erkennen wie seine Gnade, Barmherzigkeit und Souveränität diese Absichten durchdringen.

DOXOLOGIE

In Kapitel 11 beendet Paulus die tiefgründige theologische Abhandlung über das Evangelium und das Wirken Gottes in der Welt. Doch bevor er sich in den Kapitel 12-16 den praktischen Anwendungen zuwendet bricht Paulus in ein Loblied aus.

Er besingt den weisen und absolut souveränen Gott aus, dessen Wege er so tief ausloten durfte:

Oh, die Tiefe des Reichtums und der Weisheit und der Erkenntnis Gottes!
Wie unerforschlich sind seine Urteile
und wie unergründlich seine Wege!
„Denn wer kennt die Gedanken des Herrn?
oder wer ist sein Ratgeber gewesen?
Oder wer hat ihm eine Gabe gegeben, damit er sie vergelten kann?“
Denn von ihm und durch ihn und zu ihm sind alle Dinge.
Ihm sei die Herrlichkeit in Ewigkeit! Amen. (11:33-36)

Paulus wendet sich von der Theologie zur Doxologie. Er zeigt uns die enge und notwendige Verbindung zwischen beiden.

Wie der verstorbene John Stott es wortgewandt ausdrückte:

Es ist wichtig, aus Römer 1-11 zu erkennen, dass Theologie (unser Glaube an Gott) und Doxologie (unsere Anbetung Gottes) niemals getrennt werden sollten.

Keine Doxologie ohne Theologie

Einerseits kann es keine Doxologie ohne Theologie geben. Es ist nicht möglich, einen unbekannten Gott anzubeten.

Jede wahre Anbetung ist eine Antwort auf die Selbstoffenbarung Gottes in Christus und der Heiligen Schrift. Sie entspringt unserer Reflexion darüber, wer er ist und was er getan hat.

Es waren die gewaltigen Wahrheiten aus Römer 1-11, die Paulus in den Versen 33-36 von Kapitel 11 zu einem Ausbruch des Lobes veranlassten. Die Anbetung Gottes wird durch die Vision Gottes hervorgerufen, informiert und inspiriert.

Anbetung ohne Theologie wird zwangsläufig in Götzendienst ausarten. Daraus ergibt sich der unverzichtbare Platz der Heiligen Schrift sowohl in der öffentlichen als auch in der privaten Andacht.

Es ist das Wort Gottes, das die Anbetung Gottes hervorruft.

Keine Theologie ohne Doxologie

Andererseits darf es keine Theologie ohne Doxologie geben. Ein rein akademisches Interesse an Gott hat einen grundlegenden Makel.

Gott ist kein geeignetes Objekt für eine kühle, kritische, distanzierte, wissenschaftliche Beobachtung und Bewertung. Nein, die wahre Erkenntnis Gottes wird uns immer zur Anbetung führen, so wie es Paulus tat.

Unser Platz ist auf dem Angesicht vor ihm in Anbetung.

Ich glaube, Bischof Handley Moule hat Ende des letzten Jahrhunderts gesagt, dass wir uns „vor einer unemotionalen Theologie ebenso hüten müssen wie vor einer untheologischen Frömmigkeit.“

Geoffrey Wainwright stimmt dem zu:

„Die Lobpreisung, mit der ein Chrysostomus, ein Augustinus oder ein Calvin ihre Predigten beendeten, war keine bloße Formalität: Sie wies auf die Absicht der Predigt selbst hin und auf ihr Ziel, aufgrund dessen, was in Schrift und Predigt verkündet worden war, auch andere zum Lob Gottes zu bringen.“ (“The Praise of God in the Theological Reflection of the Church,” Interpretation 39 [1985], 38)

Und an anderer Stelle weist Wainwright darauf hin:

„Die Tätigkeit der Theologie zweiter Ordnung ist daher auf ihrer eigenen Ebene wirklich doxologisch: Der Theologe ist wahrhaftig Theologe, wenn er in seinem Theologisieren selbst auf das „Echo einer Stimme“ hört und, wenn auch indirekt, zum menschlichen Lob Gottes beiträgt.“ (Doxology: The Praise of God in Worship, Doctrine and Life: A Systematic Theology, 21)

Aber natürlich ist Paulus‘ Ansatz nicht indirekt! Seine aus voller Kehle vorgetragene Antwort findet Widerhall in Isaac Watts‘ trinitarischem Hymnus „We Give Immortal Praise“, der wie folgt endet:

Allmächtiger Gott, Dir
sei unendliche Ehre erwiesen,
Die ungeteilte Dreieinheit,
und der geheimnisvolle Eine.
Wo die Vernunft versagt, mit all ihren Kräften,
Dort siegt der Glaube, und die Liebe betet an.

Nach der tiefgründigsten theologischen Darlegung, die je geschrieben wurde, kommt Paulus notwendigerweise an sein Ende, und seine Vernunft gerät ins Wanken vor der Weite der Herrlichkeit Gottes: Da beugt er das Knie in Glauben und Liebe und ruft atemlos aus:

Von Ihm und durch Ihn und zu Ihm sind alle Dinge. Ihm sei die Herrlichkeit in Ewigkeit! Amen.“

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Theologen lieben Paulus. Ist dir das schon aufgefallen? Die brillant formulierten Wahrheiten, die Tiefen der Erkenntnis, die wunderbaren Zusammenhänge – das ist der Stoff, aus dem theologische Träume gemacht sind. Doch Lobpreisleiter sollten Paulus genauso liebgewinnen. Nicht nur, dass die gründlichste NT Musiktheologie von ihm formuliert wurde, er selbst ist ein „Lobpreiser“ vor dem Herrn.…