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Seltsames Schweigen
Das Neue Testament schweigt praktisch über die Frage der Form des Gottesdienstes der Kirche. D. A. Carson geht so weit zu sagen: „Es gibt keine einzige Stelle im Neuen Testament, die ein Paradigma für den gemeinsamen Gottesdienst festlegt“ (Worship by Book, 55).
Das ist, gelinde gesagt, überraschend. Der Apostel Paulus zum Beispiel schreibt Briefe an neu gegründete Gemeinden. Da würden wir vernünftigerweise erwarten, dass Paulus spezifische und detaillierte Anweisungen für den Gottesdienst dieser Gemeinden geben würde.
Doch genau das tut er nicht. Tatsächlich stellt Gordon Fee fest:
„Was wir haben, sind zum größten Teil Korrekturen [z. B. in 1. Korinther 14]. Wir wissen einfach nicht genug, um weitreichende, allumfassende Aussagen über das Wesen des Gottesdienstes in den paulinischen Gemeinden zu machen“ (God’s Empowering Presence, 884 n. 13).
Kommen und Gehen
John Piper schlägt eine Erklärung vor, warum dies der Fall ist. Im Alten Testament, so sagt er, haben wir ein „Komm und sieh“-System: alle Menschen und Völker sind eingeladen, zu Jahwe in die Anbetung zu kommen.
Aber um das zu tun, müssen sie durch Israel und nach Jerusalem kommen. Diejenigen aus den umliegenden Nationen werden von Gott zu sich eingeladen. Dazu müssen sie jedoch Proselyten werden, zum Judentum konvertieren und unter den mosaischen Bund kommen.
Da die Anbetung an einem bestimmten Ort und zu einer bestimmten Zeit zentralisiert ist, können die Vorschriften für die Anbetung im AT extrem spezifisch und detailliert sein.
Im Neuen Testament finden wir jedoch die entgegengesetzte Situation: Wir haben ein „Geh und Verkünde“-System.
Es gibt kein geografisches Zentrum des Christentums. Vielmehr sollen wir hingehen und jede Volksgruppe zu Jüngern machen (Matthäus 28,18-20). Wir sollen die Gemeinde Jesu Christi in jeder Kultur gründen.
Und vielleicht hat Gott aus diesem Grund, so Piper, die Frage der Form so offengelassen: damit eine örtliche Gemeinde Ausdrucksformen des Gottesdienstes anpassen kann, die in der jeweiligen Kultur, in der sie existiert, angemessen und sinnvoll sind.
Absichtliche Freiheit
Und so ist es eine faire Annahme, dass die Freiheit des Neuen Testaments in Bezug auf die Formen des Gottesdienstes von Gott beabsichtigt ist. Er lässt bewusst ein großes Maß an Flexibilität oder Spielraum für die Strukturen und Formen des gemeinsamen Gottesdiensts.
Natürlich hat diese Tatsache auch zu den Debatten über den Gottesdienst geführt, die in unserer Zeit so häufig sind.
Wenn die Heilige Schrift eine so detaillierte Vorschrift für die Anbetung geben würde, wie wir sie im Alten Testament finden, gäbe es für Gemeinden, die bibeltreu sein wollen, kaum Raum für Diskussionen. Aber es ist der Spielraum, der zugelassen wird, der Raum für unterschiedliche Meinungen und Konflikte lässt.
Kern der Debatte
An der Wurzel der meisten der gegenwärtigen Anbetungsdebatten liegt die Schnittstelle von Anbetung und Kultur in dem Kontext, in dem sich eine Ortsgemeinde befindet.
Die Kirche darf sich nicht an die sie umgebende Kultur verkaufen, aber sie darf sie auch nicht ignorieren. In der Tat ist es nicht die Frage, ob eine Gemeinde von der Kultur beeinflusst wird, sondern eher wie. Erickson und Lindner kommentieren:
Der christliche Gottesdienst „schwimmt in der Schöpfung wie ein Fisch im Wasser“,
Aidan Kavanaugh es formuliert es so:
„Er ist durchdrungen von den Anblicken und Geräuschen und Gerüchen, dem Geschmack und der Berührung unserer materiellen Welt und bietet auf diese Weise nicht eine körperlose Botschaft der Flucht, sondern vielmehr eine umfassende Erfahrung einer erlösten und mit Gott versöhnten Welt.“
Biblische Prinzipien
Diese wichtige Inkarnationsperspektive lässt uns aber immer noch mit einer entscheidenden Frage zurück: Wie sollen wir denn anbeten?
Es geht sicher nicht darum, alles aus der Kultur herauszuholen, denn nicht „alles ist okay“. Doch welche biblischen Prinzipien sollen den nun unsere Anbetung leiten und bestimmen?
Es gibt in der Tat viele biblische Prinzipien und Richtlinien, die Ortsgemeinden dabei helfen sollten, weise und sachkundige Entscheidungen über bestimmte Anbetungspraktiken in ihrem Kontext zu treffen.
Es ist meine Überzeugung, dass es der Leitung der einzelnen Gemeinden obliegt, die Heilige Schrift, aber auch ihre Kultur und ihre Gemeinde zu studieren und unter Gebet Entscheidungen über die Form des Gottesdienstes in ihrem jeweiligen Gemeindekontext zu treffen.
Bryan Chapell, Präsident des Covenant Theological Seminary in St. Louis, stimmt dem zu:
Ich denke, es obliegt den Sitzungen [Ältestenräten] … zu erkennen, was die Vision und Mission dieser Gemeinde ist, und dann die Arme zu schließen und zu sagen, was unsere Mission ist. . . . Nun, das bedeutet, dass man auch in der Lage sein muss, die Kultur zu exegetisieren, denke ich, und nicht nur zu sagen, dass unsere Vorlieben regieren werden. . . . Aber Prinzipien der Anbetung werden weiterhin nicht diskutiert; viel mehr Vorlieben.
Kannst du in deiner eignen Denkweise diesen Entscheidungsprozess erkennen? Wird deine Haltung zur richtigen Form für den Gottesdienst von Vorlieben oder von gründlich aus der Bibel erarbeiteten Prinzipien bestimmt? Wie sieht es mit der Gottesdiensthaltung in deiner Gemeinde aus? Habt ihr eine biblische Begründung für alles, was dort geschieht?
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